Was man alles aus Feuerstein machen kann…

Anfang Juni trafen sich 12 Teilnehmer zu einem Workshop der besonderen Art: „Steine schlagen“.

Veranstaltungen bei denen Archäotechniker die Herstellung von Werkzeugen aus Feuerstein demonstrieren, haben immer eine besondere Anziehungskraft für das Publikum. Vielleicht werden hier unsere Urinstinkte geweckt, denn wie das Entzünden von Feuer, ist die Herstellung einer Pfeilspitze beinahe ein „magischer“ Vorgang, der jahrelange Übung und ein tiefes Verständnis für den Aufbau des Steins voraussetzt.

Feuerstein (silex, flint) ist eine Art Kieselgestein, das vor 100 Millionen Jahren aus Kleinstlebewesen, wie Kieselalgen, in Hohlräumen eines Muttergesteins, meist Kreide, entstand. Es eignet sich gut zur Herstellung von Schneide-Werkzeugen, da es eine sehr hohe Dichte aufweist und scharfe Kanten hergestellt werden können.

Im Marburger Land gibt es keine natürlichen Vorkommen, hier mussten sich die Menschen mit anderen geeigneten Gesteinen wie Kieselschiefer oder Quarziten behelfen. Feuerstein von guter Qualität kommt an der Ostsee, in den Niederlanden und auch in Frankreich vor. Schon früh wurde er zu einer begehrten Handelsware und gelegentlich kann aufgrund von speziellen Merkmalen festgestellt werden, wo ein Feuerstein herstammt, der etwa an einem Rastplatz von Jägern und Sammlern gefunden wurde.

Es war uns erneut gelungen, den „Steinexperten“ Andreas Benke für einen Workshop zu gewinnen. Dieser begann am Samstag zunächst mit einer Einführung in die Technik des Aufschließens einer Feuersteinknolle mit Hilfe spezieller Schlagtechniken. Ziel war es, für die Anfänger Abschläge zu gewinnen, die dann weiter verarbeitet werden konnten und Erfahrung in der Bruchmechanik des Feuersteins zu gewinnen.

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Mit Feuereifer und viel Energie begannen die Teilnehmer nun die Feuersteinknollen zu zerlegen, so dass die Splitter nur so umherflogen. Lange Zeit hörte man nur das Schlagen von Stein auf Stein und alle waren sehr konzentriert bei der Sache.

Im Laufe des Tages wurde der Haufen von großen Feuersteinknollen immer kleiner und zum Tagesende hatten die Teilnehmer eine Ahnung davon, wie diese Technik grundsätzlich funktioniert. Auch dem Letzten war spätestens jetzt klar – so einfach ist die Sache nicht.

Zu Beginn des 2. Tages präsentierte Andreas Benke seine selbst hergestellten Werkzeuge, Repliken von archäologischen Funden und Waffen, wie verschiedene Pfeile und vor allem Pfeilspitzen und Dolche. Er gab auch eine kurze Einführung in die Typologie der Steingeräte der letzten 2,5 Mio. Jahre sowie einen kleinen Schlenker zur Herstellung von Birkenteer und seine Verwendung bei der Befiederung von Pfeilen.

Danach wurde das Tagesziel ausgegeben: die Herstellung von Pfeilspitzen. Dazu hatte Andreas Benke viele vorbereitete Abschläge mitgebracht, aus denen sich Pfeilspitzen einfacher herstellen lassen sollten, da ja das Aufschließen des Steins bereits erfolgt war.

Nach einer Einführung in die Flächenretusche, die zur Verdünnung bzw. Formgebung  notwendigeTechnik, versuchten sich die Teilnehmer in der Herstellung von Pfeilspitzen. Die Handhabung von Druck- und Schlaginstrumenten aus Kupfer, Geweih und Stein rückte nun in den Fokus, um mit Hilfe des sogenannten indirekten Schlags Retuschen erzeugen zu können.

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Zwischendurch erfolgte noch eine Vorführung zur Effektivität von diversen Steingeräten bei der Verarbeitung von organischem Material, wie etwa das Schneiden von Gras mit einer Sichel.

Im Verlauf des Kurses wies Andreas Benke immer wieder darauf hin, wie entscheidend der richtige Auftreffwinkel ist, um den gewünschten Effekt, sprich Retusche, Abschlag etc. zu erzielen.

Auch griff er den Teilnehmern bei ihren individuellen, teils ehrgeizigen Projekten, wie der Herstellung eines Beils, unter die Arme…und wie von Zauberhand entwickelten sich die gewünschten Formen durch gezielte Schläge.

Die Zeit verging im Flug und am Ende des Tages ging es dann auch noch um ganz andere Themen, zu denen Andreas Benke eine Fülle seines fundierten Wissens und seiner breit gestreuten Erfahrungen bereitwillig beisteuerte.

Wir danken sehr und hoffen auf einen weiteren Kurs im nächsten Jahr!

 

 

2 Gedanken zu „Was man alles aus Feuerstein machen kann…

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